Lebensweisheiten aus der Vollpension. Diesmal: Frau Karin

Hab‘ ich heute lachen können? Nein!? Dann schau, dass du morgen wieder lachen kannst.

Wenn Karin Wimmer-Kandler über ihr Leben erzählt, nimmt sie einen mit auf eine Reise. Man fährt mit ihr gemeinsam durch die Gassen Italiens und sucht Samen für den heimischen Garten, atmet die frische Luft des Waldes oder packt seine Sachen und macht sich auf ins Abenteuer Afrika. Begleitet wurde die Wald- und Kräuterpädagogin dabei immer von einer großen Portion Tatendrang und Neugierde – Neugierde aufs Leben, aufs Entdecken und Ausprobieren.

Ich bin ein leicht zu faszinierender Mensch.

„Ich könnte mich über ein Gänseblümchen eine Stunde lang unterhalten“, hört man die Freude in Karins Stimme, wenn sie das sagt, glaubt man ihr sofort. Die Liebe zur Natur und ihren Schätzen hat sie schon früh für sich entdeckt. Am Anfang ihrer Leidenschaft stand eine kleine Paradeiserpflanze, die sie ihr Leben lang begleitet hat. „Ich habe immer alles Mögliche angepflanzt – das war für mich ein Experiment.“ Die Mühen wurden belohnt. Nachdem sie die Pflanze sogar selbst mit einem Pinsel bestäubt hat, konnte sie eine Frucht ernten. “Die kannst du dann natürlich nicht essen – da hast du dann einen persönlichen Bezug dazu“, erinnert sie sich lachend an diesen Paradeiser. Aus dem ersten Pflänzchen an der Fensterbank wurde dann ein ganzer Garten in Niederösterreich und das Interesse am Thema Wildkräuter wurde immer größer. Doch bevor sie die Kräuterpädagogik in den Mittelpunkt ihres Lebens gestellt hat, hat sie einen anderen Weg gefunden, um ihrer Kreativität und ihrem Tatendrang Ausdruck zu verleihen: das Kunsthandwerk. Angefangen hat alles mit einem Kapperl, zu dem sie eine Freundin inspiriert hat. „Ich mach immer alles selber. Kläglich scheitere ich dann an vielen Versuchen, aber zumindest der Wille ist da: Ich mache es“, erzählt Karin von den ersten Schritten in die Selbstständigkeit. Am Ende hat sich das Durchhalten ausgezahlt. „Ich hab‘ es dann aber wirklich geschafft 15 Jahre lang Kunsthandwerkerin zu sein und habe viel Hüte und Kappen für Erwachsene und Kinder gemacht.“ Doch sich nur auf eine Sache zu beschränken, scheint Karin nicht zu liegen und so wurden aus Kapperln Chutneys und Marmeladen, bis sie ihr Weg dann schließlich zu den Kräutern und ihren Seminaren gebracht hat.

„Menschen können faszinieren, wenn sie mit Begeisterung dabei sind“

Dafür hat sie eine der ersten Ausbildungen in Österreich zur Kräuterpädagogin abgeschlossen. „Da kann ich wirklich stolz sagen, dass ich eine der Vorreiterinnen war. Ich hab‘ die Kurse und Seminare nicht nur gemacht, um Geld zu verdienen. Ich hab‘ mich immer gefragt: Wie kannst du etwas tun, was sinnvoll ist? Mein Job muss für mich Sinn ergeben und zwar nicht für mich logischerweise, sondern auch für andere. Du kannst nur die Begeisterung weitergeben, die du in dir hast.“ Diese Begeisterung hat sie jahrelang an viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihrer Workshops weitergegeben, wie sie erzählt. Lachend erinnert sie sich an eine Teilnehmerin, die berichtet hat, dass sie sich nicht mehr traut, durch eine Wiese zu gehen, gibt es dort doch viel zu viel Neues zu entdecken. Auch heute gibt sie ab und zu ihr Wissen noch in Seminaren weiter. Neues entdeckt hat Karin auch, als sie wieder angefangen hat zu fotografieren. „Wenn du das Bild dann vergrößerst – das ist so ein herrlicher Makrokosmos, der sich eröffnet und der sonst unentdeckt bleibt. Bei der Fotografie, da musst du dich wirklich auf einen Punkt fokussieren“ , erzählt sie begeistert über die entspannende Wirkung des Fotografierens und leitet im nächsten Atemzug zu der Geschichte über, als sie sich für ihren ersten Fotojob vollbepackt auf das Motorrad ihres Bruders geschwungen hat und dann mit hochrotem Kopf und voller Aufregung in der Wiener Fernwärme angekommen ist. Erlebnisse, über die sie heute herzlich lachen kann. Ein Lachen, das ansteckt, auch wenn man nur die Stimme von Karin hört.

„Aufstehen, Krönchen richten und weiterhatsch‘n“

So unbeschwert und fröhlich die Geschichten klingen, die Karin erzählt, auch sie kennt schwere Zeiten, in denen es ihr schwergefallen ist, sich ihre Fröhlichkeit zu bewahren. Scheidung, Schulden, der Tod ihrer Mutter. „So ist es nun mal – wir können ja alle nicht verschont werden vom Schicksal. Das Schicksal beutelt dich.“ In diesen Zeiten hilft ihr dann, sich auf das Positive zu konzentrieren und sei es noch so klein. Das kann vom Rosmarin im Garten, der seit Jahren zum ersten Mal blüht, bis hin zum Stiglitz, der sie während des Telefoninterviews besucht, alles sein, was sie zum Lächeln bringt. „Die kleine Freuden des Alltags sind schön“, sagt sie überzeugt und fragt sich am Ende jedes Tages: „ Hab‘ ich heute lachen können? Nein!? Dann schau, dass du morgen wieder lachen kannst.“ Sich diese Gefühle zuzugestehen, sie anzunehmen und weiterzumachen, scheint Karin dabei zu helfen, so ein energiegeladener Mensch zu sein.

„Man sollte im Leben nie etwas bereuen, das gibt auch Kraft: Ab die Post und erleben!“

Hört man die bildhaft erzählten Geschichten, ahnt man es bereits: Karin hat schon viele Abenteuer erlebt. Das Schönste bei ihren Reisen war, wenn sie sich plötzlich in einem Kloster in Thailand wiedergefunden hat oder in einem fremden Wohnzimmer stand. Der Kontakt mit Menschen und das ehrliche Interesse an ihrem Leben ist das, was sie immer angetrieben hat, wie sie betont und erinnert sich dabei besonders gerne an die Afrikareisen mit ihren Kindern. „Mein Leben ist ein einziges Experiment. Ich kann das nur von meiner Warte erzählen.“ Die kindliche Neugierde wieder zu entdecken für Dinge – das ist eines der Geheimrezepte von Karin. Ihre Neugierde und der Drang nach einem Tapetenwechsel haben sie im November 2018 auch in die Vollpension gebracht, wo sie nun mit ihren Kuchenkünsten aufwartet. „Das Konzept von der Vollpension hat mich fasziniert, weil ich mir gedacht habe, da hast du eine Chance, da kannst du dich wieder einmal neu erfinden und etwas tun“, berichtet sie begeistert. Voll motiviert und aufgeregt ist sie dann in ihren ersten Tag gestartet und erzählt dankbar von der Wertschätzung, die sie in der Vollpension erfahren hat. „Es ist witzig, wenn man in die andere Welt reinsehen darf. Es ist lieb und nett, dort die schrullige Oma zu sein und auf der anderen Seite die Jungen, die Pfiffigen, die die Welt erobern mit ihrem Elan“, erzählt sie begeistert von ihren jüngeren Kollegen. „Die Herausforderungen, denen du dich stellst, sind gut, denn du bleibst nicht stehen. Alt zu sein bedeutet für mich starr zu sein und das war für mich nie erstrebenswert.“ Eine Herausforderung, der sie sich in der Vollpension stellen musste, war, nach Rezept zu backen, wie sie lachend erzählt. Wie so viel in ihrem Leben entscheidet Karin auch beim Backen oder beim Anfertigen von Kräutertinkturen normalerweise nach ihrem Bauchgefühl. So passiert es auch, dass sie ihre Liebe zu Italien, den Wald und die Vollpension in einem Tiramisu kombiniert und sich Erdbeeren, Orangen und Fichtenwipfel zu einem aromatischen Trio verbinden.

„Du drückst bei mir einen Knopf und es ploppen die Ideen auf. Dann kann man sich wie bei einem Pflückbaum was nehmen.“
Hört man Karin zu, hat man das Gefühl: Langweilig wird ihr sicher nie. Gibt es doch viel zu viele Samen, die noch eingepflanzt werden wollen, oder das Projekt Sauerteig, das sie seit wenigen Tagen betreibt. „Ich bin neugierig wie immer“, schließt sie euphorisch ab und malt sich schon in Gedanken ein Rezept zu in STROH Rum eingelegten Fichtenwipfeln aus.

Jetzt aber, passend zur Nach-Österlichen Restlverwertung, gibt´s erstmal ein Rezept für unsere Punschschnitten. In der Füllung lassen sich nämlich hervorragend trocken gewordende Osterkuchenreste wiederverwerten. Wegschmeißen tun wir nämlich nix! Und so schön pink sind die. Wegen den Frühlingsgefühlen wär´s gwesen…
Aber sehet und backet selbst. Und wenn´s nix wird immer dran denken: „Aufstehen, Krönchen richten und weiterhatsch‘n.“